Die Zillertal Haute Route
vom 23. bis 28. März 2003
Teilnehmer: Gerold Siebenbäck, Ferdinand Zarfl, Erwin Scharf, Tino Tschikof und Kurt M. Pikalo
Tag 1:
Von der höchstgelegenen Bergstation der Hintertuxer Gletscherbahnen zur
Gletscherhütte sind es nur ein paar Schwünge. Wir beschließen, die Tour mit
einem Bierchen zu beginnen - wer weiß, wann wir wieder eines bekommen...
Es folgt die Abfahrt zum Schlegeisspeichersee. Mit dem 25-kg-Rucksack gelinde
gesagt "ungewohnt". Die lange, flache Tippeltour den See entlang beschert allen
"heiße Sohlen" und einigen auch Blasen - der Hirschtalg kommt jetzt zu spät.
Wir steigen in einer schmalen Mulde mit extrem weichem Schnee mittels hunderter
Spitzkehren Richtung Furtschaglhaus auf. Dort werden alle halbwegs geeigneten
Plätzchen zum Sonnenbad genutzt. Nach Sonnenuntergang wird noch gejausnet und um
19:30 macht keiner mehr einen Mux.
Tag 2:
Ich habe in der Hütte einigen Proviant und einen Pullover (ja, ja, sind auch
600g) zurückgelassen, da mich das Rucksackgewicht sonst wahrscheinlich
umgebracht hätte. Es ist mir ein Rätsel, wie andere Leute Rucksäcke packen: Mir
kommt vor, sie sind allesamt kleiner, leichter, zweckmäßiger. Wie auch immer,
wir steigen zur Westlichen Möselerscharte auf und schaffen ca. 400Hm/Std. Von
der Scharte fahren wir den steilen Osthang direkt ab. Das kostet doch ein wenig
überwindung. Es folgt eine kurze Sonnen- und Fotopause im Querhang zur östlichen
Möselerscharte, dann wird diese erstiegen. Wir plaudern mit drei Einheimischen,
die unseren Weg kreuzen. Dann folgt eine ewig lang scheinende Abfahrt vorbei an
Gletscherbruch. Erwin bleibt mit einem Schi in einer Spalte hängen, baut einen
Sturz und kann gerade noch verhindern, dass der Schi hinabfällt. Weiter in die
Mulden des Garberkars und von dort in das Zungenbecken des Waxeckkeeses. Das GH
Alpenrose hat doch tatsächlich geschlossen, also noch eine halbe Stunde
angehängt und rauf zur Berliner Hütte. Der Großteil der Gruppe legt sich noch
etwas in die Sonne. Der Winterraum der Berliner Hütte erweist sich als eher
ungünstig, weil Aufenthalts- und Schlafraum getrennt sind und letzterer nicht
beheizt werden kann. In der Nacht war somit Frieren vorprogrammiert.
Tag 3:
Wir gehen bachaufwärts und nach einer kurzen "Orientierungspause" weiter rechts,
Richtung Schwarzensteinkeeszunge. Wir gelangen zum Schwarzensteinsattel und
ersteigen auch gleich den Gipfel. Da ein "entgegenkommender" Schibergsteiger zu
berichten wusste, dass die Schwarzensteinhütte offen sei, fahren wir nicht
direkt zur Greizer Hütte, sondern kehren unterwegs zu. Der freundliche Wirt
erfüllt sämtliche unsere Essens- und Getränkewünsche: Gulaschsuppe 2x, offenes
Bier, exzellenter Grappa. Die Abfahrt über das Floitenkees geht zügig voran.
Tino wagt einen Sprung über das Hüttendach der Greizerhütte, was für sein
ohnedies beeinträchtigtes Kreuz nicht von Vorteil ist. Die Hütte selbst entpuppt
sich als "Palast" vom Feinsten - inklusive Solarstrom. Das von Gerold und Erwin
eine Woche zuvor angelegte Essens- und Getränkedepot ist vollständig erhalten
und so schwelgen wir in Speck, Salami, Käse, ..., und vor allem Bier.
Tag 4:
Sehr rasch sind wir auf der Lapenscharte und sind überwältigt vom Anblick. Es
dauert einige Zeit bis wir das "Suchbildrätsel" geknackt also die Kasseler Hütte
am Hang gegenüber ausgemacht haben. Wir fahren ca. 170Hm ab ins Lapenkar und
steigen wieder ca. 140Hm leicht auf. Der Kamm, der Lapen- und Löfflerkar trennt,
wird überwunden. Die Stelle ist zwar steil und felsig, aber es geht ohne
abseilen und mit angeschnallten Schiern. Es folgt eine schöne Abfahrt und wir
versuchen mit möglichst geringem Höhenverlust die Stillup-Querung zu bewältigen.
Alle sind tief beeindruckt von der landschaftlichen Schönheit. Problemlos langen
wir bei der Kasseler Hütte ein und widmen uns dem schon obligatorischen
Sonnenbad. Gegen Abend ziehen erste Wolken über uns hinweg, dann ist der Himmel
dunkelgrau, doch um 01:00 Uhr stelle ich beim Pinkelgang schon wieder
sternklaren Himmel fest.
Tag 5:
Diese Etappe beginnt, indem wir die gestrige Spur ein Stück zurückgehen. Wir
steigen auf und gelangen in das Becken des östlichen Stillupkeeses. Foto- und
Trinkpause und weiter bis zur Wollbachspitze, die alsbald "einfachheitshalber"
von uns "Wollmilchsau" genannt wird. Die weitere Strecke wird eingehend
studiert, da sich einige Möglichkeiten anbieten und die vorhandene nicht ganz
eindeutig ist. Wie auch immer, wir finden eine ideale Abfahrtsmöglichkeit bis
weit hinab zur Schönhüttenalm und einen Forstweg entlang weiter bis zum GH Au.
Das wir im GH Au insbesondere die Duschen(!) so richtig genossen haben, braucht
wohl nicht extra erwähnt zu werden.
Tag6:
Die Rucksäcke werden von allem unnötigen Ballast befreit, da wir beschlossen
hatten, eine weitere Nacht in der Au zu nächtigen. Wir schlagen ein Angebot aus,
uns mittels Auto bis zur Staumauer bringen zu lassen und koffern los. Die
Riesenmauer des Zillergründl Speichers kommt näher und näher und immer
beeindruckender wirkt ihre Höhe. Den Rat eines Ortskundigen befolgend gehen wir
ab dem GH Bärenbad rechts den Hang zur Mauer hoch. Alle Biere des Vorabends
ausschwitzend erreichen wir den höchsten Punkt der Staumauer, überwinden einige
Absperrungen um über die Mauer die andere Talseite zu erreichen und sind
überwältigt von den Eindrücken der Ingenieursleistung einerseits und den
landschaftlichen Schönheiten andererseits.
Auf der anderen Seite stapfen wir durch einen kurzen Tunnel, in dem
Riesen-Eiszapfen von der Decke wachsen. Der Boden spiegelglatt. Gleich am
anderen Tunnelende geht es links weg ins Zillerkargründl und hübsch einige
Höhenmeter hinauf. (Ab dem GH Au immerhin 1700Hm!) Eine Gipfelbesteigung des
Kuchelmooskopfes oder der Reichenspitze interessiert uns überhaupt nicht. Wir
erreichen über eine Felsbegrenzung das übergangsschartl in der Schönachschneid.
Und dann: Abfahrtsgenuss pur!!! Wir kommen aus dem Schwärmen nicht mehr heraus -
Hunderte Höhenmeter Tiefschneeabfahrt vom Feinsten. Im Talboden bleiben uns
sogar "Fußkilometer" erspart und auf letzten Schneeresten erreichen wir ein
piekfeines Hotel in Gerlos, das zum Endpunkt unserer Haute Route werden sollte.
Resume:
6 Schönstwettertage, 5 konditionell ebenbürtige Tourenkameraden, herrlichste
Landschaft, ausreichend Schnee, keine risikobehafteten Situationen. Noch Fragen?
Buchtipp:
"Die schönsten Schidurchquerungen in den Alpen" von Peter Keill, erschienen im Bruckmann-Verlag, ISBN: 3765441481 (Tour 25)
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